Klimaschutz kostet Geld, ja. Aber „Nicht mal der Tod ist umsonst, denn der kostet das Leben.“ Die Frage ist eigentlich, was kostet es, wie vergleicht es sich mit anderen Kosten, und was sind die Alternativen?

Ein Kernproblem unseres heutigen Wirtschaftssystems ist, dass wir für viele Dinge nicht die kompletten Kosten bezahlen. Wir externalisieren einen Teil der Kosten, entweder zu Lasten der Umwelt oder zu Lasten von anderen Menschen. Wenn wir die vollen, fairen, Kosten zahlen würden, wären Dinge wie Benzin, Kleidung, Smartphones, Nahrungsmittel oder Industrieprodukte viel teurer. Wir hätten uns die letzten 70 Jahre, während der „großen Beschleunigung“ daran gewöhnt und es würde uns nicht auffallen, wir würden etwas anders leben und konsumieren.

Aber blenden wir das für den Moment einmal aus.

Wenn wir Klimaschutz sagen, meinen wir die Dekarbonisierung unseres Energie-, Industrie-, Verkehrs- und Landwirtschaftssystems, also der gesamten Wirtschaft. Die Kosten dafür klingen gigantisch.

Für Deutschland(1) sind es für die Klimaneutralität bis 2045 insgesamt 6.000 Milliarden Euro Sachinvestitionen, wovon 5.000 Milliarden Ersatzinvestitionen und 1.000 Milliarden Zusatzinvestitionen sind. Das entspricht jährlichen Kosten von 240 Milliarden Euro, 7% des Bruttoinlandsprodukts, wovon 40 Milliarden zusätzliche Kosten sind.

Weltweit sind die Zahlen natürlich noch imposanter.

Nach McKinsey(2) müssten bis 2050 zur Erreichung der Klimaneutralität pro Jahr 9.200 Milliarden USD aufgebracht werden (was ungefähr der Hälfte der weltweiten Unternehmensprofite oder 25% der weltweiten Steuereinnahmen entspricht), wovon circa ein Drittel Zusatzinvestitionen sind.

Wenn wir das allerdings mal in Relationen bringt, und in Prozentzahlen ausdrückt, verändert sich das Bild.

Das globale Bruttoinlandsprodukt beläuft sich auf 95 Billionen US Dollars, also 95.000.000.000.000. Nimmt man Projektionen bis 2050 für das Wachstum der Weltwirtschaft an, belaufen sich die globalen Kosten von 9.200 Milliarden auf ca. 7-8% der globalen Wirtschaftsleistung, wovon die Zusatzinvestitionen dann ca. 2.5%-3% ausmachen würden.

Ähnliche Zahlen schätzt auch das IPCC (ca. 3%, die aufgrund der Art ihrer Konsensfindung eher konservativ agieren muss), die International Energy Agency (2-3%)

Nehmen wir also der Einfachheit halber mal an, Umweltschutz kostet uns 2,5% der Wirtschaftsleistung (für Deutschland wären es sogar weniger, die 40 Milliarden Zusatzinvestitionen sind knapp über 1% der deutschen Wirtschaftsleistung).

Weltweit geben wir für Militärausgaben 2,4% aus (in Deutschland trotz NATO-Zielsetzung von 2% etwas weniger, ca. 50 Milliarden), ebenso viel kostet uns weltweit die Verschwendung von Nahrungsmitteln. Ausgaben in solcher Größenordnung erscheinen oft nicht mal im öffentlichen Diskurs.

In Steueroasen liegen private Vermögen von ca. 10% der weltweiten Wirtschaftsleistung, und jedes Jahr landen Unternehmensgewinne von 1,6% der Wirtschaftsleistung in solchen Steueroasen.

In der Finanzkrise 2008/09 investierten wir 3,5% der Wirtschaftsleistung, um Banken zu stützen, die „too big to fail“, also „systemrelevant“ waren.

Die ersten 9 Monate der Stimuluspakete während der Coronapandemie kosteten uns 10-14% der globalen Wirtschaftsleistung.

Und im Zweiten Weltkrieg investierten die USA 36% ihrer Wirtschaftsleistung, um die Achsenmächte zu besiegen.

Umweltschutz für 2,5% hört sich immer mehr wie ein Schnäppchen an.

Aber mit was vergleichen wir diese Kosten eigentlich? Dafür müssen wir den Blick auf die Alternative richten, also keinen Klimaschutz.

Schon heute kostet uns die Nutzung fossiler Brennstoffe mit allen ihren Folgekosten für die Umwelt und die Menschen 7% der Wirtschaftsleistung. Bei einer Dekarbonisierung der Wirtschaft würden diese indirekten Kosten größtenteils entfallen.

Verschiedene Studien widmen sich der Analyse der Schäden für die Weltwirtschaft durch die Klimaerhitzung. Bei 1,5 Grad (also schon das Paris-Szenario) belaufen sich die Verluste an Wirtschaftsleistung auf 2,5%, bei den derzeitigen realistischen Pfaden von 2,5-3 Grad Erhitzung wären es schon zwischen 10-15%.

Bei solchen Relationen können wir nicht von Klimaschutzkosten sprechen, denn es sind Klimaschutzinvestitionen.

Zum Abschluss noch eine letzte Perspektive zu den Kosten.

Weltweit werden jedes Jahr umweltschädliche Subventionen in Höhe von 1.800 Milliarden US Dollar gezahlt (620 Milliarden für die fossile Energieindustrie, 520 Milliarden in der Landwirtschaft, 320 Milliarden rund um die Wassernutzung, 155 Milliarden für die Forstwirtschaft, also Abholzung). Das sind ebenfalls 2% der weltweiten Wirtschaftsleistung.

In Deutschland belaufen sich die umweltschädlichen Subventionen auf 65 Milliarden Euro, ebenfalls ca. 2% des Bruttoinlandsprodukts… dazu gehören die Steuerbefreiung von Kerosin, Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge, Entfernungspauschale, Dieselkraftstoffsteuervergünstigung, insgesamt 25 Milliarden Vergünstigungen, Privilegien und Zahlungen an die Industrie rund um die Erzeugung und Nutzung von Energie, oder die Mehrwertsteuerermäßigung für Fleischprodukte (obwohl eine pflanzlich basierte Ernährung viel umweltschonender ist als eine fleischbasierte Ernährung, wird erstere mit einem höheren Mehrwertsteuersatz belastet als letztere…).

Allein die Umwidmung dieser umweltschädlichen Subventionen in Subvention in den Klimaschutz (Öffentlichen Nahverkehr, Kaufanreize für Fahrräder oder elektrische Fahrzeuge, die Gebäudesanierung für Energieeffizienz, Wärmepumpen als Ersatz für Öl- und Gasheizungen, regenerative Landwirtschaft, Solar- und Windkraftprojekte, dezentrale Stromnetze, etc.) würde einen riesigen Hebel für den Klimaschutz darstellen.

Statt „Klimaschutz können wir uns nicht leisten.“ muss es heißen „Keinen Klimaschutz können wir uns nicht leisten.“

Comic von Joel Pett

(1) McKinsey – Net Zero Germany

(2) McKinsey – The net-zero transition: What it would cost, what it could bring

(3) Die Zeit – Zwei Prozent gegen die Katastrophe, (4) der selbe Artikel bei der TIME auf Englisch

(5) Reuters – Climate inaction costlier than net zero transition: Reuters poll

(6) Klimareporter.de – Klimakrise wird viel teurer als gedacht

(7) The Guardian – World spends $1.8tn a year on subsidies that harm environment, study finds

(8) Umweltbundesamt – Umweltschädliche Subventionen in Deutschland

Foto: Karsten Würth auf Unsplash