Wenn wir an „minus 17 Grad“ denken, dann denken wir an die Temperaturen im Tiefkühler, aber nicht an eine Hitzewelle. Doch genau das ist gerade in Vostok passiert, einer Antarktis-Messtation auf fast 3500m Höhe im antarktischen Frühherbst.

Diese Temperatur brach den bisherigen Temperaturrekord um 15 Grad. An einigen Messpunkten der Antarktis wurden Temperaturen gemessen, die 40 Grad Celsius über der zu dieser Jahreszeit normalen Temperatur lagen. An der Terra Nova Basis waren es sogar 7 Grad über Null. Verursacht wurden diese Ereignisse von langsamen, intensiven Hochdruckgebieten, die große Mengen warme Luft und Feuchtigkeit von Australien aus in die Antarktis brachten. Eine dichte Wolkendecke über dem antarktischen Eisplateau ließ diese warme Luft nicht entweichen. An der Küste fiel Regen, für die Antarktis sehr unüblich, hervorgerufen von einem atmosphärischen Fluss aus von warmem Ozeanwasser aufgestiegener Feuchtigkeit. Diese atmosphärischen Flüsse befinden sich oft am Rande von Tiefdruckgebieten und können große Mengen Wasser über gigantische Entfernungen transportieren.

Quelle: World Meteorological Organization

Erstaunlicherweise passierte in der Arktis etwas sehr ähnliches: Svalbald in Norwegen registrierte mit über 5 Grad plus ein Allzeithoch. In Tromsø war es 3-8 Grad wärmer als sonst, und die Wildblumen blühten nach drei Wochen ungewöhnlich hoher Temperaturen. In einigen Gegenden der Arktis wurden Temperaturen gemessen, die 30 Grad (!!!) höher lagen als üblich. Auch da war die Ursache ein Tiefdruckgebiet nordöstlich der USA, welches einen atmosphärischen Fluss und warme Luft eines angrenzenden Hochdruckgebietes in die Arktis brachte.

40 Grad mehr als normal in der Antarktis.

30 Grad mehr als normal in der Arktis.

Das sind Wetterereignisse, nicht das Klima. Und wahrscheinlich war es Zufall, dass diese beiden Extremwetterereignisse gleichzeitig stattfanden. Trotzdem sind Klimawissenschaftler schockiert. Dazu muss man wissen, dass Klimawissenschaftler gebrannte Kinder sind. Wenn sie zu krasse Ereignisse prognostizieren, werden sie als Weltuntergangspropheten hingestellt. Wenn diese Ereignisse dann nicht eintreffen, heißt es, die Klimawissenschaft liegt falsch. Von daher geben Klimaforscher naturgemäß eher konservative Prognosen ab. Die Realität sieht dann meistens sogar noch krasser aus. Wenn nun ein Ereignis Klimaforscher schockiert, dann bedeutet das etwas. Es fielen Aussagen wie „für unmöglich gehalten“, „undenkbar“, „noch nie dagewesen“.

Quelle: ClimateReanalyzer.org

Die Hitzewelle an den Polen ist nur eines von vielen Extremwetterereignissen der letzten Jahre. Im Juli letzten Jahres wurde in Lytton (Britisch Columbia, Kanada) eine Temperatur von 49,6 Grad gemessen. Kurz zuvor wurde in Verkhoyansk (Russland), 115km nördlich des Polarkreises gelegen, mit 38 Grad Celsius ein arktischer Temperaturrekord aufgestellt. Im August 2021 fielen in Grönland 7 Milliarden Tonnen Regen, die höchste jemals auf Grönland gemessene Regenmenge. Und sogar auf dem höchsten Punkt Grönlands fiel Regen, auch das gab es noch nie zuvor. Bis Mitte August hatte Grönland 7x mehr Eis verloren als sonst um diese Zeit üblich. Und in der Antarktis war das Meereis im Februar schon so weit zurückgegangen wie nie zuvor seit Beginn der Satellitenmessungen 1979 und bedeckte erstmals eine Fläche von unter zwei Quadratkilometern.

Solche Extremwetterereignisse sind ein Ausblick in unsere Zukunft. Wir werden uns an sie gewöhnen müssen. Umso mehr erinnern sie uns auch daran, wie wichtig entschiedene Maßnahmen zum Klimaschutz sind, und wie dramatisch die Folgen sein können, wenn wir diese Chance verpassen.

Quellen/ zur Vertiefung:

(1) Watson – «Beispiellose Hitze» in der Antarktis, Regen in der Arktis – es ist zu warm an den Polen

(2) The Conversation – Record-smashing heatwaves are hitting Antarctica and the Arctic simultaneously

Foto: ClimateReanalyzer/ Main University/ El País