Ein Referentenentwurf zum Gebäudeenergiegesetz sorgte die letzten Wochen für Aufruhr.

„Entrücktes grünes Wunschdenken vernichtet Wohlstand und Vertrauen in die Politik“ (Welt)

„Habeck führt uns in den Heizkollaps“ (Bild)

„Grüne Heizungsplanwirtschaft“ (FAZ)

Quelle: Welt

Politiker von CDU/ CSU, AfD, aber auch der Koalitionspartei FDP formierten sich zu einem Chor der Entrüstung über das angebliche Verbot von Gas- und Ölheizungen schon ab nächstem Jahr. Grüne Klimaideologie. Unsinnig. Unbezahlbar. Unsozial. Habecks Heizungs-Hammer würde Deutschland 1000 Milliarden Euro kosten. (Stimmt übrigens nicht.)

Bei der Auftaktveranstaltung der „Zukunft Handwerk“ vorletzte Woche in München wirkte Robert Habeck dementsprechend angefressen. „Lesen hilft!“

Quelle: privat

Worum geht es also tatsächlich in diesem Gesetzentwurf zum GEG?

Das öffentliche Meinungsbild ließ vermuten, Habeck hätte völlig unerwartet und überraschend entschieden, alle Gas- und Ölheizungen von 2024 an zu verbieten.

Stattdessen soll das GEG nur umsetzen, was bereits im Koalitionsvertrag verankert war: “ Zum 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden.“

Mit dem Ausbruch des Ukrainekriegs hatte die Bundesregierung dann gemeinsam beschlossen, diese Regelung um ein Jahr vorzuziehen, um die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas schneller zu beenden. Nun legten das BMWK und das BMWSB gemeinsam einen Gesetzentwurf zur Umsetzung dieses Beschlusses vor. Die politische und mediale Entrüstung mutet daher seltsam an.

Warum ist dieses GEG wichtig?

Im Klimaschutzgesetz ist das Ziel der Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 verankert. Zur Erreichung dieses Zieles müssen alle Sektoren beitragen. Der Gebäudesektor spielt da eine wichtige Rolle: der Betrieb von Gebäuden verursacht in Deutschland etwa 35% des Energieverbrauchs und 30% der CO2 Emissionen.

Derzeit verstößt Deutschland im Gebäudesektor gegen sein eigenes Klimaschutzgesetz. Und neben dem Verkehrssektor verfehlte auch der Gebäudesektor seine Klimaziele bereits zum dritten Mal in Folge.

Die Agora Energiewende hatte es mal detailliert durchgerechnet, was im Gebäudesektor schon bis 2030 passieren muss: eine Erhöhung der Sanierungsrate um 50% auf 1,6% pro Jahr, 6 Millionen Wärmepumpen insbesondere im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser, ein starker Ausbau grüner Fernwärme in den Städten. Bis 2045 ein vollständiger Austausch fossiler Heiztechnologien. Da eine neue Gas- oder Ölheizung im Schnitt 20 Jahre läuft, bedeutet das das praktische Ende des Einbaus fossiler Heizungen ab 2025.

Was steht im GEG?

Vielleicht fangen wir damit an, was nicht im GEG steht, nämlich dass ab 2024 alle Gas- und Ölheizungen verboten werden und sofort ausgetauscht werden müssen.

Im GEG steht:

  • Neu eingebaute Heizungen müssen zu 65% mit erneuerbaren Energien betrieben sein. Ausnahmen sind in Härtefällen möglich.
  • Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben werden. Kaputte Heizungen können repariert werden.
  • Wenn eine Gas- oder Ölheizung irreparabel ist, also eine sogenannte Heizungshavarie vorliegt, gibt es pragmatische Übergangslösungen und mehrjährige Übergangsfristen, ohne Verpflichtung zu sofortigem Umstieg auf eine Erneuerbaren-Heizung.
  • Die vorgesehene Reglung ist technologieoffen. In Bestandsgebäuden können auch weiterhin Gasheizungen eingebaut werden, wenn sie mit 65% grünen Gasen oder in Kombination mit einer Wärmepumpe betrieben werden.
  • Der Umstieg soll durch Förderungsmaßnahmen gerade für untere und mittlere Einkommensgruppen unterstützt werden.

Sind nur noch Wärmepumpen erlaubt?

Habeck sagte auf der Zukunft Handwerk: „Es ist kein Wärmepumpengesetz. Es ist technologieoffen.“

Tatsächlich gibt es eine Vielzahl von möglichen Heizungslösungen, die mit dem GEG konform sind: Anschluss an ein Wärmenetz, Wärmepumpen, Stromdirektheizungen. In Bestandsgebäuden sind auch Biomasseheizungen (z.B. Pelletheizungen), Gasheizungen die mit erneuerbaren Gasen betrieben werden, oder Hybridheizungen, also Wärmepumpe und Gasheizung in Kombination, möglich.

Wahr ist auch: aufgrund ihrer breiten Einsetzbarkeit und Effizienz wird die Wärmepumpe eine zentrale Rolle im Ein- und Zweifamiliensegment spielen. Das tut sie mittlerweile schon heute: der Absatz von Wärmepumpen stieg 2022 um 53% an.

Die Wärmepumpe funktioniert nicht im Bestand.

Doch, das tut sie.

Bereits heute funktioniert die Wärmepumpe bei sorgfältiger Planung, Installation und Einstellung auch für viele Bestandsgebäude effizient, oft sogar mit konventionellen Heizkörpern und ohne signifikanten Sanierungsaufwand.

In Deutschland ist es zu kalt für die Wärmepumpe.

Falsch. Die Wärmepumpe funktioniert auch bei niedrigen Außentemperaturen. Und gerade in Skandinavien, in Norwegen, Schweden und Finnland, wird am meisten mit Wärmepumpe geheizt.

Quelle: Nature Magazine

Bei der Marktdurchdringung liegt Deutschland auf dem vorletzten Platz in Europa. Da ist noch viel Luft nach oben. So sind in Skandinavien pro 1000 Haushalte 7-12x so viele Wärmepumpen verbaut als hierzulande.

Quelle: European Heat Pump Association

Auch bei den Wachstumsraten in der Installation von Wärmepumpen hinkt Deutschland trotz einem Wachstum von 53%vielen europäischen Ländern hinterher. In Österreich stieg der Absatz in 2022 um 59%, in Schweden um 60%, in den Niederlanden um 80%, in Tschechien um 99%, in Polen sogar um 102%. Allein in diesen fünf Ländern wurden letztes Jahr insgesamt fast 3x so viele Wärmepumpen verbaut als in Deutschland.

Quelle: Jan Rosenow

Wo sollen die ganzen Wärmepumpen herkommen?

Im Moment haben viele Installationsbetriebe mit Lieferschwierigkeiten für Wärmepumpen und Komponenten zu kämpfen. Das wird sich aber bald ändern, da sie massiv in die Ausweitung ihrer Produktionskapazitäten investieren. Gerade das GEG wird den Herstellern weitere Planungssicherheit geben. Die Liefersituation wird sich bis zum Inkrafttreten des GEG deutlich entspannen.

Die Wärmepumpe braucht extrem viel Strom. Wo soll der ganze Strom herkommen?

Nehmen wir mal an, wir würden pro Jahr 500,000 Wärmepumpen verbauen. Das durchschnittliche Ein-/ Zweifamilienhaus in Deutschland ist 140 Quadratmeter groß und verbraucht 22,000 KWh Heizenergie. Durch die Wärmepumpe kann so ein Haus mit ca. 7500 KWh pro Jahr geheizt werden.

Die 500,000 Wärmepumpen hätten so einen Stromverbrauch von knapp 4 Terrawattstunden. Der Bruttostromverbrauch Deutschlands lag letztes Jahr bei 547 Terrawattstunden. Um 4 Terrawattstunden Strom mit Windrädern zu produzieren, braucht man je nach Größe und Effizienz der Windräder zwischen 1 und 2,5 Gigawatt Leistung.

Der Zubau der Erneuerbaren wird in den nächsten Jahren massiv an Fahrt aufnehmen. Bereits letztes Jahr wurde eine Kapazität von 7,2 Gigawatt Photovoltaik und 2,1 Gigawatt Windenergie zugebaut. Das Osterpaket der Bundesregierung sieht vor, dass in 2024 6 Gigawatt Wind und 13 Gigawatt Photovoltaik zugebaut werden, Tendenz steigend. Wir werden genug Strom für den Betrieb dieser Wärmepumpen haben.

Quelle: AGEE Stat

Wir sollten stattdessen die existierenden Gasheizungen mit Wasserstoff und grünen Gasen betreiben.

Quelle: Twitter

Sagt niemand, der sich auskennt.

Die Wärmepumpe kostet viel zu viel.

Die Gesamtkostenbilanz der Wärmepumpe ergibt sich aus drei sehr individuellen Faktoren.

  1. Dem Kosten des Einbaus der Wärmepumpe (abzüglich der staatlichen Förderung)
  2. Die Kosten des Betriebs durch Strom
  3. Die Effizienz der Wärmepumpe, u.a. aufgrund der Art der Wärmepumpe sowie des energetischen Gebäudezustands.

Wovon man ausgehen kann ist der absolute Wille der Bundesregierung, den Wärmepumpenhochlauf zu unterstützen, unter anderem durch Förderung von derzeit bis zu 40% und kostengünstige Stromtarife. In dieser Hinsicht ist sogar noch mehr zu erwarten.

Die Kosten der Wärmepumpen selbst werden in den kommenden 1-2 Jahren aufgrund des Kapazitätsaufbaus der Hersteller signifikant sinken. Auch wird eine Wärmepumpe wertsteigernd bzw. werterhaltend auf die Immobilie wirken, anders als eine eingebaute Gas- oder Ölheizung. Durch eine eigene PV Anlage auf dem Dach kann ein Teil des Strombedarfs der Wärmepumpe kostengünstig selbst produziert werden.

Und um noch einmal den Bogen zu den schon angesprochenen grünen Gasen wie Wasserstoff zu schließen, ein Betrieb der Heizung durch grünen Wasserstoff wird 2-3x mehr kosten als der Betrieb einer Wärmepumpe.

Wir haben nicht genug Handwerker, um diese ganzen Wärmepumpen zu installieren.

Der Fachkräftemangel ist in der Tat das größte Problem, welches wir für die Energie- und Wärmewende lösen müssen.

Die Fachkräftelücke wird daher gerade von allen Seiten beackert: das BMWK, Unternehmerinitiativen wie „Ohne Hände keine Wende“ (#OHKW), die Industrie- und Handwerksverbände, und viele mehr. Maßnahmen beinhalten neue Berufsbilder, beschleunigte Ausbildungen und Umschulungen, die Integration ausländischer Fachkräfte, die Anerkennung ausländischer Abschlüsse, die Stärkung der Attraktivität des Handwerks, sowie die Effizienz im Einbau (heute im Schnitt bei 18 Manntagen).

Schließlich sollten wir nicht vergessen, dass in Deutschland letztes Jahr 650.000 Gas- und Ölheizungen verbaut wurden. Wenn wir damit erst mal aufhören, gewinnen wir auf einen Schlag viel Kapazität, um statt 236,000 Wärmepumpen im letzten Jahr bald 500,000 pro Jahr zu installieren.

Wir wollen keine Verbote. Sollen doch mündige Bürger entscheiden.

Bis vor kurzem wurde der Einbau fossiler Heizungen sogar noch subventioniert. Auch wenn es damit vorbei ist, werden auch heute noch hunderttausendfach im Neubau und Bestand von mündigen Bürgern Öl- und Gasheizungen gekauft. Das hat offensichtlich nicht funktioniert und bringt uns nicht schnell genug Richtung Klimaneutralität.

Wir müssen erst die Häuser sanieren, bevor wir über Heizformen diskutieren.

Grundsätzlich ist richtig, dass der wichtigste Hebel für die Energieeffizienz der Dämmzustand der Gebäudehülle ist. Von den über 19 Millionen Wohngebäuden in Deutschland wurde mehr als die Hälfte vor 1977 errichtet, bevor die erste Wärmeschutzverordnung in Kraft trat. Fast ein Drittel der Wohnfläche befindet sich in Gebäuden der schlechtesten Effizienzklassen G und H, die für 50% der Emissionen im Sektor verantwortlich sind.

Insgesamt kann im Gebäudesektor bis 2050 fast die Hälfte des Energieverbrauchs eingespart werden.

Dafür braucht es neben der Umstellung auf energieeffiziente Heizformen eine Sanierungsoffensive. Im Koalitionsvertrag sucht man Ziele für Sanierungsraten allerdings vergeblich. Es gibt also auch da noch eine Menge zu tun.

Kommen wir zum Abschluss noch einmal auf Robert Habeck zurück. Auf der Zukunft Handwerk beschrieb er die Situation folgendermaßen: „Nach der Bewältigung der Krise des letzten Jahres können wir nicht mehr in die alte Bequemlichkeit zurück. Das kann sich Deutschland nicht mehr leisten. […] Das Problem zu bestaunen, es aber nicht zu lösen, das hat uns im letzten Jahr an den Rand des Abgrunds gebracht. […] Maximaler Ehrgeiz, maximaler Pragmatismus bei der Umsetzung dieses Ehrgeizes, und dann maximales Verständnis im Umgang miteinander, das ist das Gebot der Stunde.“

Bild: BMWK-Video-Pressekonferenz / Screenshot J. Wendnagel / BILD.de