Der aktuelle 3. Teilbericht des IPCC zur Bekämpfung der Klimakrise greift auch das Thema Landwirtschaft auf, besser gesagt das Management von Land insgesamt, welches für 22% der gesamten Emissionen verantwortlich ist. Knapp zusammengefasst sagt der Weltklimarat: Die Verringerung von Emissionen im Bereich AFOLU (Agriculture, Forestry, Land Use) kann und muss signifikant zur Bekämpfung der Klimakrise beitragen, kann aber die Verzögerung von Emissionsreduktion in anderen Sektoren nicht ausgleichen.
In diesem Sektor können ca. 8-14 Gigatonnen CO2e (CO2 Äquivalente) reduziert werden, durch verbessertes und nachhaltiges Management von Pflanzenanbau und Tierhaltung und CO2 Bindung im Boden. Das ist eine ganz Menge (ca. 10-15x so viel wie die Emissionen Deutschlands ingesamt). Was sind dort die größten Hebel?
(1) Der Schutz, das verbesserte Management und die Wiederherstellung von Wäldern und anderen Ökosystemen (Feuchtgebiete an Küsten, Moore, Savannen, Grasland): 4,2-7,4 Gt.
(2) Die Bindung on Kohlenstoff in Ackerböden und Grasland, Agroforstwirtschaft und Biokohle: 1,8-4,1Gt.
(3) Die Veränderung von Ernährungsgewohnheiten und Vermeidung von Lebensmittelabfällen: 1,1-3,6Gt.
Darüber hinaus benötigt es die nachhaltige Intensivierung der Landwirtschaft, um weniger Ökosysteme in Ackerland zu verwandeln, Methan- und Stickoxidemissionen zu reduzieren, und damit Land für Wiederaufforstung und Wiederherstellung von natürlichen Ökosystemen verfügbar zu machen.
Das Thema Biolandwirtschaft wird im Bericht des Weltklimarats nicht speziell angesprochen, aber einige der Prinzipien, die hinter Themen wie „Bindung von Kohlenstoff in Ackerböden“ und anderen liegen, sind die der regenerativen Landwirtschaft und auch der Biolandwirtschaft.
Aber wieviel Land nutzen wir überhaupt für die Landwirtschaft? Our World in Data beantwortet diese Frage auf beeindruckende Weise.
Ein Drittel der Erdoberfläche ist Landfläche. Davon sind 70% bewohnbar. Und von diesem bewohnbaren Land nutzen wir schon heute 50% für die Landwirtschaft (Deutschland liegt dabei ziemlich genau im Durchschnitt). Wenn wir diese Landwirtschaft jetzt ökologisch oder regenerativ bewirtschaften (mit weniger Erträgen pro Hektar), und die Weltbevölkerung um weitere ca. 2 Milliarden Menschen wächst, dann liegt es nahe, das als utopisch zu empfinden. Wenn wir weiterhin genauso viel Lebensmittel konsumieren wie heute (zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen in Deutschland sind übergewichtig, ein Viertel der Bevölkerung sogar stark übergewichtig), genauso viele Lebensmittel verschwenden (allein in Deutschland landen jährlich 12 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, davon die Hälfte in den privaten Haushalten), und weiterhin genau den gleichen Mix an Lebensmitteln essen, dann ist das tatsächlich nicht zu schaffen.
In allen Studien und Empfehlungen zur Bekämpfung der Klimakrise taucht daher eine Maßnahme immer und immer wieder auf: der Wechsel zu einer fleischarmen, vegetarischen oder veganen Ernährung. Warum sind sich alle Studien bei diesem Punkt so einig? Ganze 77% der landwirtschaftlichen Fläche (eine gigantische Landfläche, so groß ist wie Nord- und Südamerika zusammen) wird für die Tierhaltung und damit die Produktion von Fleisch und Milchprodukten benötigt. Diese Fläche beinhaltet auch die Ackerfläche, die notwendig ist, um ausreichend Tierfutter für die weltweit 82 Milliarden Nutztiere zu produzieren. Diese landwirtschaftliche Fläche ist massiv unproduktiv: aus ihr resultieren weniger als ein Fünftel der Kalorien- und etwas mehr als ein Drittel der Proteinproduktion.
Würden wir also unsere Essgewohnheiten ändern, also etwas mehr pflanzenbasiert, etwas weniger fleischbasiert, könnten wir mit sehr viel weniger Landfläche sehr viel mehr Menschen ernähren, da wir den energetisch ineffizienten Umweg von Ackerpflanzen zu Tieren (also pflanzlichen zu tierischen Kalorien) vermeiden könnten. Würden wir auf Rindfleisch, Lamm und Milchprodukte verzichten, würden wir statt der 50% Ackerfläche nur 13% Ackerfläche benötigen, komplett vegan (ohne Eier, Fisch etc.) wären es 12%.
Soweit müssten wir also gar nicht gehen. Wie gestern beschrieben, sind grasende Tiere ein Bestandteil der regenerativen Landwirtschaft, und es gibt Studien die belegen, dass Weiderindhaltung mit Rotationsgrasung die Bodenqualität verbessern und damit sogar CO2 binden kann. Diese Art der Tierhaltung ist aber eine extrem kleine Nische, die mit den Tieren, die in Fleischtheken in Supermärkten und Discountern landen absolut gar nichts gemeinsam hat. Von daher gilt das Prinzip: einfach mal Fleisch und Wurst weglassen. Und obwohl die Zahl der Vegetarier und Veganer in Deutschland stetig steigt, von ca. 6 Millionen Anfang der 2000er Jahre auf 7,6 Millionen im Jahr 2020, sinkt der Fleischkonsum nur sehr langsam, von 61kg Anfang der 200er Jahre auf 57kg im Jahr 2020. Da geht noch was…
Quellen/ zur Vertiefung:
(1) Weltklimarat IPCC – 3. Teilbericht des IPCC: Climate Change 2022 – Mitigation of Climate Change
(2) Our World in Data – Land Use
(3) BMEL – Lebensmittelabfälle in Deutschland: Aktuelle Zahlen zur Höhe der Lebensmittelabfälle nach Sektoren
(4) Heinrich Böll Stiftung – Fleischkonsum in Deutschland: Weniger ist mehr
Foto: James Baltz auf Unsplash
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