Zur Erklärung des Kohlendioxids in der Atmosphäre wird oft das Bild der Badewanne zitiert. Oben fließt CO2 rein, unten fließt es ab. Manchmal mehr, manchmal weniger. Im Moment ist zu viel CO2 in der Badewanne, und Klimaschutz bedeutet, wir drehen den Hahn oben zu, und dann fließt das CO2 ungehindert ab, et voilá, Problem gelöst, Klimakrise zu Ende.
Leider ist unsere Kohlendioxidbadewanne ein etwas komplexeres Sondermodell…
Oben haben wir zwei separate Wasserhähne, besser CO2-Hähne. Aus einem fließt „natürliches“ CO2 in die Badewanne, mit einem ziemlich konstanten Strahl. Unten fließt aus der Badewanne fast genauso viel CO2 ab wie oben reinläuft.
Aus dem anderen CO2-Hahn fließt das menschengemachte CO2 ein, was hunderttausende Jahre lang in der Erde als Öl, Gas oder Kohle sowie im Erdboden gebunden war. Von diesem menschengemachten CO2 kann aus dem Abfluss nur knapp die Hälfte wieder abfließen. Die Badewanne füllt sich zusehends.
Seit 50 Jahren wissen wir, dass die Badewanne irgendwann überlaufen wird. Wir wissen, dass wir den zweiten Hahn zudrehen müssen. Wir wissen sogar, wie das geht. Der Hahn klemmt zwar etwas, aber es ist machbar. Trotzdem drehen wir seit 50 Jahren den zweiten CO2 Hahn immer weiter auf. Im Pariser Klimaabkommen haben wir uns darauf geeinigt, dass wir den zweiten Hahn wieder zudrehen werden. 2015 wollten wir damit anfangen, damit der Hahn so ca. 2045-50 ganz zugedreht ist. Wollten wir, machen wir aber nicht. Stattdessen drehen wir den Hahn immer weiter auf. Auch die aktuellsten Projektionen deuten darauf hin, dass wir von jetzt an wohl weitere 20 oder sogar 30 Jahre lang den Hahn noch weiter aufdrehen werden, bevor wir ihn dann ganz langsam wieder etwas zudrehen würden.
Gleichzeitig träumen wir von technischen Lösungen. Wir könnten einen zweiten Abfluss in die Badewanne bohren. Mit unseren verfügbaren Werkzeugen haben wir in mühevoller Arbeit einen winzigen Riss in die Badewanne gehämmert, aus dem ab und zu etwas CO2 rauströpfelt. Um den Riss zu vergrößern, benötigen wir besseres Werkzeug. Sehr schade, dass ein Teil dieses Werkzeugs bislang noch gar nicht erfunden wurde. Und das, was es schon zu kaufen gibt können wir uns leider nicht leisten.
Was wäre eigentlich, wenn es den zweiten Hahn gar nicht gäbe, also keinen Einfluss des Menschen? Dann würden wir kaum eine Veränderung beobachten können, das was oben reinfließt, fließt unten wieder ab. Über einen extrem langen Zeitraum von tausenden oder sogar Millionen Jahren würden wir sehen sich der natürliche CO2 Strom im Einlauf und Ablauf ändern und die Badewanne manchmal recht leer und dann wieder eher voll ist. Diese Veränderungen verlaufen allerdings tatsächlich langsam, denn das CO2 verbleibt sehr lange in der Badewanne (in 1000 Jahren sind noch ca. 15-40% des heute einfließenden CO2 in der Wanne).
Auf diesem Bild sieht man, wie voll die Wanne über die letzten 800,000 Jahre war. Erst ganz rechts, da wo es rot wird, haben wir mit Beginn der industriellen Revolution den zweiten Hahn eingebaut und drehen ihn seitdem unfassbar schnell auf. Wie schnell? Das sieht man unten… Die Veränderung des CO2 in der Badewanne durch den 2. Hahn im Vergleich zu den Veränderungen während der letzten zwei klimatischen Warmzeiten.
Quellen / zur Vertiefung
(1) Deutsches Klima Konsortium
(2) Climate Action Tracker (auf Englisch)
Foto: Alba Hartmann auf Unsplash
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