Lange wurde diskutiert, ob wir die deutschen Kohlekraftwerke schon vor dem ursprünglichen Ausstiegsdatum 2038 abschalten können, denn die Kohleverstromung bis 2038 würde knapp die Hälfte des verbleibenden deutschen CO2 Restbudgets zur Einhaltung des 1,5 Grad Ziels verbrauchen. Nach langem Ringen steht nun im Koalitionsvertrag der Kohleausstieg bis 2030. Dabei wäre es wahrscheinlich gar nicht nötig gewesen, den Betreibern der verbleibenden Kohlekraftwerke hunderte von Millionen von Euros an Entschädigungen zu zahlen, um diese Kraftwerke vorzeitig stillzulegen, denn allein die Einführung des CO2 Preises hat schon 2021 dazu geführt, dass Kohlekraftwerke nicht mehr rentabel betrieben werden können. Allein aus wirtschaftlichen Gründen hatten die Betreiber für eine Vielzahl von Kohlekraftwerken bereits eine Abschaltung vor 2030 oder sogar vor 2030 ins Auge gefasst.

Durch die Diskussion zum russischen Gas kommt nun noch einmal Schwung in die Diskussion des Kohleausstiegs, denn die dreckige aber grundlastfähige Energie (Strom und Wärme) könnte zur Versorgungssicherheit beitragen. Das am meisten benutzte Argument allerdings ist das, dass die Abschaltung unserer Kohlekraftwerke nichts ausrichtet, wenn überall auf der Welt, insbesondere in China und Indien, weiterhin Kohlekraftwerke gebaut werden.

Stimmt das eigentlich? Ja, es stimmt. Aber man sollte etwas genauer hinschauen.

Seit der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens ist die Zahl der weltweit geplanten Kohlekraftwerke um mehr als drei Viertel gesunken. Planungen für neue Kohlekraftwerke mit einer Gesamtleistung von 1175 Gigawatt werden nun nicht mehr in die Tat umgesetzt. Das entspricht der fünffachen installierten Leistung aller Stromerzeugungsanlagen in Deutschland (Kraftwerke, Windräder, Solaranlagen,…). Kurz vor dem Klimagipfel in Glasgow kam dann die Nachricht aus Peking, dass China keine Kohlekraftwerke außerhalb Chinas mehr bauen wolle, bis dato bauten Chinesen Kohlekraftwerke in dutzenden von Ländern, insbesondere in Asien und Afrika. Und erst vor einigen Wochen schließlich verkündete Peking, keine Kohlekraftwerke mehr zu bauen, die rein zur Grundlastsicherung des Strombedarfs dienen würden, sondern nur noch Projekte umsetzen würden, die für eine regionale Versorgungssicherheit mit Strom unbedingt nötig sind. In 2022 wird China nur noch 30 Gigawatt Kapazität an Kohleenergie aufbauen (der geringste Zubau seit fast 20 Jahren, im Jahr 2007 wurden noch 82GW Kapazität zugebaut), das vergleicht sich mit einer Gesamtkapazität von 40 GW an Braun- und Steinkohleenergie in Deutschland. Klingt viel, aber vergessen wir nicht, dass dort 17x mehr Menschen leben als in Deutschland.

Quellen:

(1) FAZ – Weltweit viel weniger neue Kohlekraftwerke in Planung

(2) Süddeutsche Zeitung – China stoppt den Bau von Kohlekraftwerken im Ausland

(3) Bloomberg Law – China to Stop Building Coal Plants For Base Power Generation

Foto: Natalie Behring/Bloomberg News